Was verbindest du mit Beachvolleyball? Sommer, Strand Urlaubsfeeling? Das ist alles berechtigt. Doch auch dunklere Themen müssen im Beachvolleyball nach wie vor beleuchtet werden. Ein nach wie vor präsentes und dabei komplexes Thema ist der Sexismus im Beachvolleyball. Leider.
Die Entstehung des Sexismus-Vorwurfs
Dazu muss man etwas ausholen. Beachvolleyball ist nach wie vor eine Randsportart. Verschiedene Studien zeigen, dass in Deutschland weniger als 5 % der Sportinteressierten auch beachvolleyballinteressiert sind, und dass dieser Trend auch bis 2020 nicht anstieg. 2004 veröffentlichte die FIVB im Zuge der anstehenden olympischen Spiele die Regelung, dass die Bikini-Hosen-Spielbekleidung der Frauen an der Seite nur 7 cm breit sein darf. Das Ergebnis: Beachvolleyball erreichte auffällig hohe Zuschauerzahlen. Der weitere Effekt: Knapp 40 % der Kameraeinstellungen bei den Olympischen Frauen-Beachvolleyball-Spielen fokussierten auf Brust oder Gesäß. Die Annahme dass weniger die sportliche Komponente ausschlaggebend für die plötzliche Beliebtheit am Sport sei, liegt natürlich nahe. Der Vermarktung des Sports war das sicherlich förderlich. Natürlich folgte Kritik. Nicht nur die sexistischen Gründe für die Einschaltquoten wurde bemängelt. Die Regelung schließe auch Frauen aus dem Sport aus, die aufgrund beispielsweise ihrer Religion keine Bikinis tragen dürfen, so viele Kritiker. Dennoch dauerte es bis in das Jahr 2012, bis Frauen auch Shorts und langärmlige Oberteile tragen durften.
Sex Sells
Der “Sex-Sells-Gedanke” der Vermarktung war allerdings erfolgreich. Spiele der Frauen erreichten in den nächsten Jahren hohe Zuschauerzahlen. Tatsächlich ist Beachvolleyball eine der wenigen Sportarten bei der Frauen mindestens genau so einen Bekanntheitsgrad haben wie Männer. Die Google-Suche belegt das.
Frauensport vs Männersport
Dem Frauensport wird häufig fehlende Athletik vorgeworfen. Wenn man sich eine andere Sportart wie den Fußball anschaut, so wird häufig abwertend das Argument genannt, dass von Frauen praktizierter Sport aufgrund der physischen Nachteile nicht so “gut” wie von Männern sein kann. Frauen können aufgrund fehlender Muskelmasse eben nicht so schnell rennen, nicht so hoch springen, und so weiter. Nun wird mit diesem Umstand in verschiedenen Sportarten unterschiedlich umgegangen. Ein Artikel von Zeit online beschäftigt sich mit dem Ansatz, Leistungen beim Frauenfußball nicht mit denen vom Männerfußball zu vergleichen, sondern als eigenen Sport zu denken. Damit einher geht auch der Grundsatz, Ergebnisse und Rekorde der verschiedenen Sportarten nicht miteinander zu vergleichen. So sei eine Emanzipierung vom Männerfußball möglich. In vielen Sportarten werden die Spielregeln den unterschiedlichen physischen Verhältnissen angepasst um den Sport bei Männern und Frauen gleichwertig spektakulär wirken zu lassen. Beispielsweise ist ein Frauendiskus 1 Kg leichter als ein Männerdiskus, und ein Basketball ist bei Frauen 2,54 cm kleiner als bei Männern. Frauensport ist aufgrund geringerer Muskelmasse nicht schlechter oder besser als Männersport. Er ist anders. Dementsprechend muss man auch die Rahmenbedingungen für den Sport anpassen.
Frauenbeachvolleyball
Wie wirken sich die physischen Unterschiede zwischen Mann und Frau im Beachvolleyball aus? Die Regeln sind grundsätzlich dieselben, einen einzigen Unterschied gibt es in der Netzhöhe: die ist bei Frauen um 19 cm kleiner als bei den Männern. Dies ermöglicht Frauen in Bezug auf die Sprungkraft ähnliche Voraussetzungen im Spiel wie den Männern. Wenn man sich jedoch Profi-Spiele anschaut wird man sehr schnell Unterschiede erkennen. Männer arbeiten mit mehr harten Schlägen, sogenannten Spikes. Frauen besitzen nicht dieselbe maximale Schlagkraft, spielen aber dennoch auf einem genau so großen Feld. Sie arbeiten mehr mit taktischen Schlägen, wie dem Cut shot, dem Poke shot oder dem Rainbow shot, die gezielt in die Ecken des Courts gespielt werden. Das Spiel ist etwas langsamer und raffinierter. Vor allem aber wird es dadurch nicht besser oder schlechter. Es wird anders, und ist dadurch nicht weniger anspruchsvoll und auch nicht weniger attraktiv anzuschauen.
Sexismus im Beachvolleyball immer noch präsent
Machen wir uns nichts vor. Das Motto “Sex Sells” wird wohl mit ein ausschlaggebender Grund für die hohe Medienpräsenz von Frauenbeachvolleyball sein. Dies regte die FIVB mit ihrer 7-cm-Bikini-Regeländerung ja auch an. Und auch weiterhin müssen sich viele Spielerinnen immer noch gegen Sexismus wehren. “Sexy-Sport-Clips” sind weiterhin Bestandteil vieler Übertragungen von Beachvolleyballspielen. Profispielerin Melanie Gernert ist eine Spielerin die eben nicht in Bikini, sondern in Shorts und längerem Oberteil die Courts betritt. Sie berichtet, dass sie bei vielen großen Turnieren auch nach Änderung der Kleidungsvorschriften jedoch kaum auf Bildern und Videos der Presse zu finden sei. Unabhängig von ihren spielerischen Leistungen sei sie eben nicht “interessant genug für die Kamera”.
Sexismus in vergleichbaren Sportarten
Die Sexismus-Debatte ist auch in weiteren Sportarten angekommen. So wurden die norwegischen Beachhandballerinnen dafür bestraft, zu lange Hosen angezogen haben. Natürlich löste das, mal wieder, einen riesen Aufschrei aus. Wieder einmal zeigt uns dasm dass viele Turnier-Austrager Sportlerinnen noch längst nicht in vollem Maße akzeptieren. Der Unterschied zur früheren Situation im Beachvolleyball? Der Aufschrei geht nicht nur durch die Medien, sondern kam mittlerweile auch in der Popkultur an. So erklärte sich Popstar Pink bereit, die Strafe für die Beachhandballerinnen zu übernehmen. Ein Schritt der Hoffnung macht, denn: natürlich besteht das Sexismus-Problem nach wie vor. Der Aufschrei ist allerdings um einiges schneller und höher als in der vorherigen Beachvolleyball-Problematik. Langsam, wirklich langsam, geht es in die richtige Richtung.
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